Unser ausführliches Statement zur Presseanfrage der OZ bezüglich:
Auswirkung der Pandemie auf Kinder und Jugendliche & Probleme außerhalb der Schule

„Mir fehlt die Möglichkeit, die Welt zu entdecken“, sagt Frithjof Mesing (18), ein Mitglied des Kinder- und Jugendbeirates. „So schwer es auch Erwachsenen fällt die Pandemie zu meistern, sind gerade Kinder und Jugendliche gezwungen in einer wichtigen – vielleicht der wichtigsten – Lebensphase ein Jahr nahezu isoliert zu verbringen“, erläutert er weiter.
„Doch nicht nur Jugendliche sondern auch Kleinkinder haben es schwer“, betont die Sprecherin des Beirats, Clara Michel Plácido (18). Es sei ein Glücksfall wenn es noch andere Geschwister im Haushalt gebe, so dass die Kinder den Kontakt zu anderen Kindern nicht ganz verlieren. Kleinkinder, die eigentlich mit Gleichaltrigen spielen, ihre Grenzen austesten, sich austoben und soziale Skills erlernen sollten, sind nun in ihren eigenen vier Wänden gefangen.
Das ist nicht nur frustrierend weil die einzigen Gesprächs- und Spielpartner*innen die Eltern sind, sondern auch, weil auf die Art und Weise die natürliche Neugier der Heranwachsenden gebremst wird. Bei Teenagern erschweren Pubertätskonflikte mit den Eltern die Lockdown-Zeit erheblich. Ein Ausgleich gibt es kaum. Der Ausfall der Freizeitbeschäftigungen ist fatal. Kinder und Jugendliche sitzen in erster Linie Zuhause vor den digitalen Geräten. Doch ein Ersatz für echte Begegnungen sind Zoom, Skype, FaceTime & Co. kaum.
Die stellvertretende Vorsitzende, Wiebke Krüger (17) stellt fest: „Es ist eben nicht dasselbe, ob ich mich mit Freund*innen und vor allem der Familie in Videokonferenzen unterhalte.“. „Der körperliche Abstand schafft auch innere Distanz“, so Clara Michel Plácido (18).
Das bestätigt auch Jasmin Haack (15). Wir seien es gewohnt unser Gegenüber zu umarmen oder näher gegenüberzutreten. Auch wenn diese Maßnahmen unabdingbar sind fallen sie schwer.
Als neues Mitglied im KiJuBei sieht sie das Problem besonders bei Kindern und Jugendlichen, die auf dem Dorf wohnen. So ist die Verabredung für einen Spaziergang zusätzlich erschwert. Die kalte Jahreszeit, die sowieso für trübe Stimmung sorgt, ist nicht besonders gemütlich, um sich draußen stundenlang aufzuhalten. Die Flucht in ein südliches Urlaubsland ist nicht möglich.

Doch die Pandemie zeigt auch Vorteile. Mehrere Mitglieder bestätigen, dass sie die Zeit mit ihrer Familie genießen. Hinzukommt das längere Ausschlafen und eine schulische Selbstständigkeit, die von manchen genossen wird. Andere hingegen haben Schwierigkeiten mit dem Homeschooling. Entweder es gibt keine angemessene Lernatmosphäre oder die Lehrkräfte geben zu viele Aufgaben für den bemessenen Zeitraum auf.
„Die Bearbeitungszeit der gestellten Aufgaben dauert Zuhause viel länger als in der Schule, da man dort die benötigte Hilfe schneller als beim Homeschooling bekommt und sich ggf. mit seinem*seiner Partner*in oder in der Gruppe an eine Aufgabe setzt“, erklärt Ferdous Arzenjani (15).
Den Pubertierenden fehlt es an Motivation und authentischer Bestärkung von Seite der Schule und Lehrkräften.
Ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie gibt es immer noch keine wirksamen Instrumente der Schulen um das auszugleichen. Besonders ältere Lehrer*innen müssten Fortbildungen bekommen, um digital neue Wege gehen zu können. Abschlussjahrgänge stehen vor der Tatsache, dass ein Abitur unter eingeschränkten Pandemiebedingungen über ihren beruflichen Werdegang entscheiden könnte.
Für jüngere Kinder zeichnen sich andere Probleme ab. Die Grundschüler*innen werden, wenn sie nicht in der Notbetreuung sind, von ihren Eltern unterrichtet, die weder ausgebildete Pädagogen*innen, noch studierte Lehrer*innen sind. Die Folge kann oftmals Überforderung und Überlastung sein, die die Eltern an die Kinder gefühlsmäßig weitergeben.
„Die Bildungsschere wird durch die Pandemie größer“, stellt die Sprecherin des KiJuBei’s fest. „Die, die vorher gut waren, die sind es meist immer noch, aber die, die schon immer zu kämpfen hatten, die werden nahezu allein gelassen.“.
Die Ungewissheit über die Zukunft beschreiben die Mitglieder als sehr frustrierend. Bereits mehrere Schüler*innen müssen aufgrund der Pandemie ein Jahr wiederholen; so wird es dem KiJuBei von Jugendlichen berichtet.

Wir, als Vertreter*innen der Kinder und Jugendlichen sind uns sicher, die Anliegen von Kinder und Jugendlichen in den politischen Debatten um die Coronamaßnahmen bekommen zu wenig Aufmerksamkeit. „Sie werden darauf beschränkt, ob die Schulen und Kitas wieder geöffnet werden oder nicht. Außerdem hat noch kein*e Politiker*in versucht die Coronapolitik speziell den Kinder und Jugendlichen zu erklären,“ so Frithjof Mesing, Mitglied im Kinder- und Jugendbeirat.

„Bereits im ersten Lockdown fielen die jetzigen sechsten, siebenten, achten, neunten und elften Klassen durch jegliches Raster. Es hieß immer die Grundschüler und Abschlussklassen haben Priorität.“

Es ist durchaus nachvollziehbar, dass die Beschulung und Betreuung von Grundschülern und Kindergartenkindern parallel zum Homeoffice nahezu unmöglich ist. Auch das die Abschlussklassen in die Schulen gehen ist verständlich, um diese bestmöglich auf die Prüfungen vorzubereiten. Aber alle anderen Schüler*innen dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Für die Schüler*innen der sechsten Klasse steht eventuell ein Schulformwechsel an. In den siebenten und achten Klassen werden wichtige Grundlagen fürs Abitur gelegt und die neunten und elften Klassen sind im kommenden Jahr die Abschlussklassen. Der Unterrichtsstoff der im Homeschooling verpasst wird, kann niemals aufgeholt werden. Wir haben nicht einmal den verpassten Stoff aus dem letzten Schuljahr aufgeholt,“erläutert Wiebke Krüger, stellvertretende Vorsitzende des Kinder- und Jugendbeirats.

„Vor dem zweiten Lockdown hieß es, die Schulen und Kitas so lange wie möglich offen zu halten. Warum kann es nicht einen Wechselbetrieb geben? Die Schulen sind nicht die Treiber des Virus,“ erläutert Jasmin Haack, Mitglied im Kinder- und Jugendbeirat, die aktuelle Situation.

Wir sind uns einig, dass definitiv Verbesserungsbedarf besteht hinsichtlich der Einbringung der Belange von Kindern und Jugendlichen in die politischen Debatten.

Den enstandenen OZ-Artikel gibts hier.

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